Was haben ein ehemaliger Kollege und die EDV gemeinsam?
Beide können nicht mitreden! Also waren sie es!
Ich war DH-Studentin im ersten Semester, Christian war frisch aus dem Betrieb ausgeschieden, er hatte in der Abteilung gearbeitet, in der ich eingesetzt war. So oft wie dort am Tag der Name: „Christian“ gefallen ist, wird sicherlich nicht mal in Vatikan unser lieber Herrgott erwähnt: „Christian hat gesagt“, „Das hat Christian mir aber so gezeigt“, „Christian war’s“…
Damals dachte ich, dieser Christian muss echt nicht der Hellste gewesen sein. Doch lernte ich im Laufe der Jahre, dass „Christine“, „Michaela,“ „Michael“ , „Daniela“ und Daniel“ genauso „dunkel“ waren. Das ist das Schicksal des ehemaligen Kollegen, für alle Fehler verantwortlich zu sein.
Natürlich ist das übertrieben und natürlich haben die Ehemaligen auch wirklich Fehler gemacht, doch wer macht sie nicht? In die Offensive geht man doch mit den aktuellen Kollegen weniger.
Und jetzt kommt das Lieblings-W-Wort: Warum eigentlich?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, doch der wichtigste Grund ist, dass keiner da ist, der widerspricht.
Genauso wie bei EDV! Ein Thema für sich!
Eine kleine Auswahl: „Ich habe die ganze Nacht an der Präsentation gearbeitet, dann ist der Server abgestürzt und alles war weg!“ oder „Mein Rechner muss das gemacht haben, ich war’s nicht!“ oder „Das Word hat mir einfach die ganze Formatierung zerschossen!“
Was soll der arme Rechner denn sagen? Er hat genauso wenig Chance, die andere Version der Geschichte zu erzählen wie der ehemalige Kollege. In solchen Fällen hat die Wahrheit nur ein Gesicht!
Doch was zählt wirklich? Liegt die Lösung darin, Schuld bei anderen zu suchen? Oder versuchen, selbst möglichst gut da zu stehen, ohne Rücksicht auf alles und alle?
Es kommt ganz darauf an, was wir wollen. Wollen wir irgendwann richtig gut sein? Dann müssen wir sehr wohl Verantwortung für unsere Leistung übernehmen. Solange dies nicht der Fall ist bzw. wir unsere Fehler auf Andere, oder Gegen- bzw. Umstände schieben können / wollen, werden wir es auch nicht für notwendig halten, Sachen gut zu machen.
Warum auch? Bei manchen ist das Gefühl der Korrektheit mehr ausgeprägt, bei anderen etwas weniger. Es muss von innen kommen, aber es ist auch lernbar. Genauso wie ich es im Alter von 10 Jahren lernte:
Ich bügelte mein Lieblingsnachthemd und verbrannte es. Ich war sehr traurig. Anscheinend so traurig, dass ich es mir selbst nicht verzeihen konnte. Als Schutzmechanismus dachte ich mir aus, dass ich es nicht gewesen war (so meine spätere Analyse als Erwachsene). Ich legte das Nachthemd zusammen und dann in den Schrank. Am Abend nahm ich es raus und inszenierte ein Drama: „Wer hat mein Nachthemd verbrannt?“ Es gab nur eine, die es gewesen sein könnte, meine Schwester. Da ich ausgeschlossen war, gab es keine Zweifel. Eka wehrte sich und gab es nicht zu, doch man glaubte mir und nicht Eka. Warum sollte ich denn mich über das verbrannte Nachthemd wundern, wenn ich es selbst verbrannt hätte? Unlogisch. Also Eka war’s.
Erst Jahre später, als Erwachsene erzählte ich meiner Familie die wahre Geschichte, sie haben gelacht und fanden es gar nicht so schlimm, doch ich fand es all die Jahre ganz schlimm und es war mir auch sehr peinlich, dies zuzugeben.
Diese Erfahrung lehrte mir, dass ich nicht die Art Mensch bin, der in der Lage ist, andere ungerecht zu beschuldigen, ich fühlte mich richtig schlecht dabei, ich habe es auch nie wieder getan.
Ob es Taten sind, auf die wir sehr stolz oder weniger stolz sind, die Verantwortung zu übernehmen macht glücklich und führt letztendlich zum Ziel, es bringt uns weiter. Anders als, wenn wir Fehler bei Anderen suchen würden. Dann müssten wir ja auch nichts ändern bzw. lernen, denn ich wiederhole es nur ungern, aber noch zum allerletzten Mal: „Christian war’s!“
Ein frohes und verantwortungsvolles neues Jahr 2018!